Rechtsratgeber
RS und Militärdienst
29. Februar 2024 agvs-upsa.ch – Zweimal jährlich heisst es «Einrücken in die Rekrutenschule». Dies sorgt bezüglich des Lohns während des Dienstes immer wieder für Unsicherheiten. Wir erklären Ihnen, was es zu beachten gilt.
Tahir Pardhan und Noemi Wyss (AGVS-Rechtsdienst).
Um den Lohnanspruch von Arbeitnehmenden zu ermitteln, ist als Allererstes zu definieren, was überhaupt unter Militärdienst zu verstehen ist: Als obligatorischer Schweizerischer Militärdienst gelten sämtliche Dienstleistungen, zu denen ein Dienstpflichtiger aufgerufen werden kann. Dazu gehören nebst der RS und dem WK auch Fortbildungsdienste, zu denen sich die oder der Arbeitnehmende allenfalls freiwillig entscheidet.
Die finanzielle Entschädigung eines Mitarbeitenden, der Militärdienst leistet, setzt sich aus Sold, Soldzulagen und Erwerbsersatz nach der Erwerbsersatzordnung (EO) zusammen. Der Sold und die Soldzulagen richten sich nach dem militärischen Grad bzw. der militärischen Weiterausbildung und können der Tabelle des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS entnommen werden.
Von grösserer Bedeutung ist jedoch der Erwerbsersatz. Während der Rekrutenschule wird eine Einheitsentschädigung von 69 Franken pro Tag ausbezahlt. Im übrigen Militärdienst (also bspw. im Wiederholungskurs oder nach der Rekrutenschule) beträgt die Entschädigung für Erwerbstätige 80 % des vordienstlichen Einkommens, maximal aber 220 Franken pro Tag. Als Berechnungsgrundlage dient das AHV-pflichtige Einkommen. Dazu gehören auch Lohnbestandteile, die nur in mehrmonatigen Abständen ausbezahlt werden wie bspw. der 13. Monatslohn. Erwerbstätig sind Personen, die in den letzten zwölf Monaten vor Dienstbeginn für mindestens vier Wochen einer bezahlten Arbeit nachgegangen sind. Ihnen gleichgestellt sind Personen, die unmittelbar vor dem Einrücken ihre Ausbildung beendet haben. Militärdienstleistende mit Kindern erhalten Kinder- und unter Umständen auch Betreuungskostenzulagen.
In den allermeisten Fällen deckt der Erwerbsersatz allein kaum 50 % des bisherigen Verdienstes ab. Daher ist in der Regel immer ein allfälliger gesetzlicher Anspruch auf Lohnfortzahlung aus dem Obligationenrecht (OR) näher zu prüfen. Art. 324a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 324b OR garantiert Arbeitnehmenden für eine «beschränkte Zeit» die Ergänzung des Erwerbsersatzes auf 80 % des Lohnes, wenn diese wegen des Militärdienstes an der Arbeitsleistung verhindert sind und der Erwerbsersatz weniger als 80 % des vorherigen Lohnes deckt. Dies ist vor allem während der Rekrutenschule der Fall, aber auch dann, wenn im Wiederholungskurs die 220 Franken pro Tag weniger als 80 % des vorherigen Lohnes entsprechen. Die Lohnergänzung gilt unter dem Vorbehalt, dass das Arbeitsverhältnis drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen worden ist und das beschränkte Zeitkontingent noch nicht aufgebraucht wurde. Die «beschränkte Zeit» beträgt im ersten Dienstjahr drei Wochen, mit einer länger bestehenden Anstellung nimmt die Dauer der Lohnfortzahlung zu. Weil eine genaue Bestimmung im Gesetz fehlt, wurden je nach Gebiet verschiedene Skalen entwickelt: die Berner, Basler und die Zürcher Skala. So haben etwa Arbeitnehmende im Kanton Bern im dritten Dienstjahr einen Anspruch auf Lohnfortzahlung als Ergänzung zu den EO-Leistungen von zwei Monaten. Zu beachten ist jedoch, dass dieser Anspruch durch Unfall oder Krankheit bereits verkürzt sein kann: War derselbe Arbeitnehmer oder dieselbe Arbeitnehmerin während des betreffenden Dienstjahres vor der RS bereits einen Monat krank, hat er oder sie nur noch einen Monat Lohnfortzahlungsanspruch zugute. Für die restliche Zeit erhält die Person lediglich das Geld der Erwerbsausfallentschädigung.
Besonders für Arbeitnehmende, welche erst kürzlich bei ihrem Arbeitgeber die Arbeit aufgenommen haben, ist die Lohnfortzahlung nach dem OR unbefriedigend. Daher steht es dem Arbeitgeber frei, eine über das gesetzliche Minimum hinausgehende vertragliche Vereinbarung zu treffen, welche bspw. die Lohnfortzahlung während des gesamten Dienstes garantiert. Gesamtarbeitsverträge (GAV) sehen oftmals solche Bestimmungen vor. Besteht in Ihrer Sektion ein Gesamtarbeitsvertrag, gehen diese Regelungen den gesetzlichen Bestimmungen vor und sind zwingend zu beachten. Häufig finden sich Regelungen, die während der gesamten Rekrutenschule einen gewissen Prozentsatz des Lohnes als Entschädigung vorsehen. Entspricht bspw. 50 % des Lohnes mehr als die EO-Mindestentschädigung von 2070 Franken (30x69 Franken), müssen Sie als Arbeitgeber für diese Lücke einspringen. Der GAV darf einen geringeren Prozentsatz als die gesetzlichen 80 % während einer beschränkten Zeit vorsehen, wenn er dafür die Lohnfortzahlung für eine längere Dauer garantiert, als sie Arbeitnehmenden nach Art. 324a OR zustünde. In der Regel gilt die Regelung im GAV für die gesamte Dauer der RS. Auf diese Weise ist die Regelung gemäss gesetzlicher Vorschrift für Arbeitnehmende mindestens gleichwertig, meist aber sogar besser (Art. 324a Abs. 4 OR).
Schliesslich ist noch darauf hinzuweisen, dass bei längerer Abwesenheit wegen Militärdienstes unter Umständen der vertragliche Ferienanspruch gekürzt werden kann, so wie dies auch bei Krankheit oder Unfall vorgenommen werden darf. Bei der Kürzung ist nach den Richtlinien von Art. 329b OR vorzugehen.
Tahir Pardhan und Noemi Wyss (AGVS-Rechtsdienst).
Um den Lohnanspruch von Arbeitnehmenden zu ermitteln, ist als Allererstes zu definieren, was überhaupt unter Militärdienst zu verstehen ist: Als obligatorischer Schweizerischer Militärdienst gelten sämtliche Dienstleistungen, zu denen ein Dienstpflichtiger aufgerufen werden kann. Dazu gehören nebst der RS und dem WK auch Fortbildungsdienste, zu denen sich die oder der Arbeitnehmende allenfalls freiwillig entscheidet.
Die finanzielle Entschädigung eines Mitarbeitenden, der Militärdienst leistet, setzt sich aus Sold, Soldzulagen und Erwerbsersatz nach der Erwerbsersatzordnung (EO) zusammen. Der Sold und die Soldzulagen richten sich nach dem militärischen Grad bzw. der militärischen Weiterausbildung und können der Tabelle des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS entnommen werden.
Von grösserer Bedeutung ist jedoch der Erwerbsersatz. Während der Rekrutenschule wird eine Einheitsentschädigung von 69 Franken pro Tag ausbezahlt. Im übrigen Militärdienst (also bspw. im Wiederholungskurs oder nach der Rekrutenschule) beträgt die Entschädigung für Erwerbstätige 80 % des vordienstlichen Einkommens, maximal aber 220 Franken pro Tag. Als Berechnungsgrundlage dient das AHV-pflichtige Einkommen. Dazu gehören auch Lohnbestandteile, die nur in mehrmonatigen Abständen ausbezahlt werden wie bspw. der 13. Monatslohn. Erwerbstätig sind Personen, die in den letzten zwölf Monaten vor Dienstbeginn für mindestens vier Wochen einer bezahlten Arbeit nachgegangen sind. Ihnen gleichgestellt sind Personen, die unmittelbar vor dem Einrücken ihre Ausbildung beendet haben. Militärdienstleistende mit Kindern erhalten Kinder- und unter Umständen auch Betreuungskostenzulagen.
In den allermeisten Fällen deckt der Erwerbsersatz allein kaum 50 % des bisherigen Verdienstes ab. Daher ist in der Regel immer ein allfälliger gesetzlicher Anspruch auf Lohnfortzahlung aus dem Obligationenrecht (OR) näher zu prüfen. Art. 324a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 324b OR garantiert Arbeitnehmenden für eine «beschränkte Zeit» die Ergänzung des Erwerbsersatzes auf 80 % des Lohnes, wenn diese wegen des Militärdienstes an der Arbeitsleistung verhindert sind und der Erwerbsersatz weniger als 80 % des vorherigen Lohnes deckt. Dies ist vor allem während der Rekrutenschule der Fall, aber auch dann, wenn im Wiederholungskurs die 220 Franken pro Tag weniger als 80 % des vorherigen Lohnes entsprechen. Die Lohnergänzung gilt unter dem Vorbehalt, dass das Arbeitsverhältnis drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen worden ist und das beschränkte Zeitkontingent noch nicht aufgebraucht wurde. Die «beschränkte Zeit» beträgt im ersten Dienstjahr drei Wochen, mit einer länger bestehenden Anstellung nimmt die Dauer der Lohnfortzahlung zu. Weil eine genaue Bestimmung im Gesetz fehlt, wurden je nach Gebiet verschiedene Skalen entwickelt: die Berner, Basler und die Zürcher Skala. So haben etwa Arbeitnehmende im Kanton Bern im dritten Dienstjahr einen Anspruch auf Lohnfortzahlung als Ergänzung zu den EO-Leistungen von zwei Monaten. Zu beachten ist jedoch, dass dieser Anspruch durch Unfall oder Krankheit bereits verkürzt sein kann: War derselbe Arbeitnehmer oder dieselbe Arbeitnehmerin während des betreffenden Dienstjahres vor der RS bereits einen Monat krank, hat er oder sie nur noch einen Monat Lohnfortzahlungsanspruch zugute. Für die restliche Zeit erhält die Person lediglich das Geld der Erwerbsausfallentschädigung.
Besonders für Arbeitnehmende, welche erst kürzlich bei ihrem Arbeitgeber die Arbeit aufgenommen haben, ist die Lohnfortzahlung nach dem OR unbefriedigend. Daher steht es dem Arbeitgeber frei, eine über das gesetzliche Minimum hinausgehende vertragliche Vereinbarung zu treffen, welche bspw. die Lohnfortzahlung während des gesamten Dienstes garantiert. Gesamtarbeitsverträge (GAV) sehen oftmals solche Bestimmungen vor. Besteht in Ihrer Sektion ein Gesamtarbeitsvertrag, gehen diese Regelungen den gesetzlichen Bestimmungen vor und sind zwingend zu beachten. Häufig finden sich Regelungen, die während der gesamten Rekrutenschule einen gewissen Prozentsatz des Lohnes als Entschädigung vorsehen. Entspricht bspw. 50 % des Lohnes mehr als die EO-Mindestentschädigung von 2070 Franken (30x69 Franken), müssen Sie als Arbeitgeber für diese Lücke einspringen. Der GAV darf einen geringeren Prozentsatz als die gesetzlichen 80 % während einer beschränkten Zeit vorsehen, wenn er dafür die Lohnfortzahlung für eine längere Dauer garantiert, als sie Arbeitnehmenden nach Art. 324a OR zustünde. In der Regel gilt die Regelung im GAV für die gesamte Dauer der RS. Auf diese Weise ist die Regelung gemäss gesetzlicher Vorschrift für Arbeitnehmende mindestens gleichwertig, meist aber sogar besser (Art. 324a Abs. 4 OR).
Schliesslich ist noch darauf hinzuweisen, dass bei längerer Abwesenheit wegen Militärdienstes unter Umständen der vertragliche Ferienanspruch gekürzt werden kann, so wie dies auch bei Krankheit oder Unfall vorgenommen werden darf. Bei der Kürzung ist nach den Richtlinien von Art. 329b OR vorzugehen.
Hier geht es zum Factsheet.
Alle Beiträge des AGVS-Rechtsratgeber.
Kommentar hinzufügen
Kommentare