Krank am Arbeitsplatz: Ihre Rechte und Pflichten als Arbeitgebende

Rechtsratgeber

Krank am Arbeitsplatz: Ihre Rechte und Pflichten als Arbeitgebende

31. Januar 2025 agvs-upsa.ch – Krank in den kalten Wintermonaten? Aktuell halten uns Grippe und andere Infekte auf Trab. Doch was sind eigentlich die Rechte und Pflichten der Arbeitgebenden, wenn die oder der Arbeitnehmende erkrankt? Sarina Zürcher und Tahir Pardhan
 
Darauf müssen Sie achten, wenn Ihre Mitarbeitenden sich krank melden. Foto: AGVS-Medien
 






Sarina Zürcher, juristische Mitarbeiterin Rechtsdienst.






 







Tahir Pardhan, Leiter Rechtsdienst & Politik.

 


Häufig enthalten GAV (Gesamtarbeitsverträge) oder auch Arbeits­verträge spezifischere Regelungen bezüglich des Umgangs mit der Arbeitsunfähigkeit der Angestellten. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Minimalstandards aus dem Obligationenrecht (OR) und dem Arbeitsgesetz (ArG).

Obwohl keine gesetzliche Vorgabe, verpflichten einige Arbeitsverträge oder Gesamtarbeitsverträge (GAV) Arbeitnehmende dazu, ab dem dritten Krankheitstag ein Arztzeugnis vorzulegen. Allerdings kommt es auch vor, dass in einigen Fällen ein Arztzeugnis zweifelhaft und nicht glaubhaft er­scheint. Im berechtigten Zweifelsfall dürfen Arbeitgebende eine Untersu­chung durch einen Vertrauensarzt oder eine Vertrauensärztin anordnen. Je­doch sind die Kosten dafür vom Arbeitgebenden zu übernehmen. Lehnt der Arbeitnehmende eine solche Untersuchung ab, kann dies als Indiz für eine Vortäuschung der Krankheit gewertet werden und als Konsequenz kann die Lohnfortzahlung eingestellt werden. Vertrauensärztinnen oder Vertrau­ensärzte überprüfen einzig die Echtheit des Arztzeugnisses und sind zur Wahrung der Schweigepflicht verpflichtet. Wurde eine Krankschreibung als falsch eingestuft, ist für diese Zeit kein Lohn geschuldet.

Häufig stellt sich auch die Frage, ob kranken Arbeitnehmenden überhaupt gekündigt werden kann und ob diese absoluten Schutz geniessen. Gemäss Art. 336c Abs. 1 lit. b OR sind Arbeitnehmende in der Regel vor einer Kündigung während einer Erkrankung ge­schützt. Dieser Schutz ist aber zeitlich begrenzt und kommt in der sogenannten Sperrfrist zum Ausdruck. Die Sperrfrist soll Arbeitneh­mende vor wirtschaftlicher Not schützen und ihnen die Möglichkeit geben, sich von ihrer Krankheit zu erholen.
Es gelten folgende Kündigungssperrfristen ab Beginn der Arbeits­unfähigkeit:
  • 30 Tage im 1. Dienstjahr
  • 90 Tage vom 2. bis und mit dem 5. Dienstjahr
  • 180 Tage ab dem 6. Dienstjahr
Mit dem Ende der Sperrfrist oder wenn Arbeitnehmende wieder zur Arbeit erscheinen, entfällt dieser Kündigungsschutz. Dann kann unter Achtung der vertraglich geltenden Kündigungsfrist ordent­lich gekündigt werden. Eine Kündigung, die noch vor dem Eintritt einer Erkrankung ausgesprochen wird, unterliegt anderen Bestim­mungen. Grundsätzlich bleibt die Kündigung wirksam, jedoch tritt die oben genannte Sperrfrist in neuer Funktion als Unterbrechung der Kündigungsfrist ein. Das heisst die Kündigung wird pausiert, bis Arbeitnehmende nach der Krankheit wieder die Arbeit antreten können oder die Sperrfrist abgelaufen ist. Zu beachten ist, dass nach solchen Unterbrüchen die Kündigungsfrist weiterläuft aber das Arbeitsverhältnis nicht unter dem Monat enden darf und erst per Ende eines Monats enden kann (Art. 336c Abs. 2 OR).

Eine weitere Unklarheit im Rahmen von Krankheiten ist oft, inwie­weit Angestellte zur Pflege kranker Angehöriger berechtigt sind. Gemäss Art. 329 h OR und Art. 36 Abs. 3 und 4 ArG haben Arbeit­nehmende einen Anspruch auf eine kurzzeitige Arbeitsabwesenheit zur Betreuung von kranken oder verunfallten Familienmitgliedern. Dies gilt für Eltern, Kinder, Schwiegereltern, Geschwister, Lebens­partnerinnen und Lebenspartner. Bei unverheirateten Lebenspartne­rinnen und Lebenspartnern gilt der Anspruch nur dann, wenn diese mindestens fünf Jahre in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben. Es darf von den Angestellten ein Arztzeugnis der erkrankten Person verlangt werden (Art. 36 Abs. 3 ArG). Der Lohn muss wäh­rend dieser Zeit weiterbezahlt werden. Insgesamt dürfen drei Tage pro Ereignis und höchstens zehn Tage pro Jahr bezogen werden, ausser es handelt sich dabei um Kinder (Art. 36 Abs. 4 ArG). Das Jahreskontingent von zehn Tagen ist bei Kindern nicht anwendbar und eine Freistellung ist zu genehmigen. Bezüglich der Lohnfortzah­lung ab dem elften Tag richtet sich diese nach den Bestimmungen von Art. 324a OR: Bei der Ermittlung eines allfälligen verbleiben­den Lohnfortzahlungsanspruchs, welcher sich nach dem jeweiligen Dienstjahr des Arbeitnehmenden richtet, müssen eigene Abwesen­heiten der Arbeitnehmenden mitberücksichtigt werden. Für die Er­mittlung der Lohnfortzahlungsdauer sind je nach Kanton die Berner, Basler oder Zürcher Skala beizuziehen.

Krankheiten können viele rechtliche Unsicherheiten auslösen. Mit diesen Ausführungen sind Sie nun bestens gerüstet, um als Arbeit­gebende Ihre Rechte zu wahren und gleichzeitig die fürsorglichen Pflichten für Ihre Angestellten wahrzunehmen.
Feld für switchen des Galerietyps
Bildergalerie

Kommentar hinzufügen

1 + 5 =
Lösen Sie diese einfache mathematische Aufgabe und geben das Ergebnis ein. z.B. Geben Sie für 1+3 eine 4 ein.

Kommentare