Welche Kennzahl am meisten überrascht

Branchenspiegel des Autogewerbes

Welche Kennzahl am meisten überrascht

2. Mai 2022 agvs-upsa.ch – Kennzahlen sind eine wichtige Grundlage, um ein Unternehmen erfolgreich zu steuern. Diese Kennzahlen bringen jedoch nur etwas, wenn auch passende Vergleichswerte vorhanden sind. Seit über 25 Jahren können ­Schweizer Garagenbetriebe dank des Branchenspiegels der Figas von solchen Referenzwertvergleichen profitieren. Jvan Hutter, Leiter Business Management und Vizedirektor bei der Figas Autogewerbe-Treuhand der Schweiz AG, ­erläutert im Interview Details zum neusten Branchenspiegel.

artikelbild.jpgDie Kennzahlen des Branchenspiegels zeigen, dass das Geschäftsjahr 2021 für das Schweizer Autogewerbe ­überraschend erfreulich ausfiel. Foto: AGVS-Medien

jas. Die Figas und der AGVS sorgen dafür, dass repräsentative Kennzahlen für die Branche erhoben werden – die aktuelle Ausgabe des Branchenspiegels liegt der aktuellen AUTOINSIDE-Ausgabe bei. Dank der Angaben darin erhalten Unternehmer ein umfassendes Bild von den wichtigsten finanziellen Kennzahlen, aufgeteilt nach Betriebsgrössen und den Schweizer Durchschnittswerten.
 
Jvan Hutter, bevor wir ins Detail gehen, gleich eine grundlegende Erkenntnis ­aus dem aktuellen Branchenspiegel: Den Schweizer Garagisten scheint es trotz Corona und Lieferschwierigkeiten gut zu gehen. Zum Beispiel ist die Eigenkapital-Rentabilität wieder von 2,6 auf 6,2 gestiegen und der Cashflow erreicht 2,3 Prozent des Umsatzes.
Jvan Hutter, Leiter Business Management und Vizedirektor bei der Figas Autogewerbe-Treuhand der Schweiz AG: Auf den ersten Blick ist ein solcher Sprung bei der Eigenkapitalrendite natürlich sehr erfreulich, nur muss man dabei auch berücksichtigen, dass der Vorjahreswert von lediglich 2,6 Prozent wirklich sehr schlecht war. Auch der absolute Wert von 6,2 Prozent ist nach wie vor unbefriedigend. Rechnet man die stillen Reserven noch zum Eigenkapital dazu, dann liegt dieser Wert sogar noch deutlich tiefer. Auch beim Cashflow muss man genauer hinschauen, denn durch die Lieferprobleme im Neuwagenhandel hat sich die Umsatzverteilung gegenüber früheren Jahren verändert. Insbesondere der Gesamtumsatz ist im Vergleich zu 2019 und weiteren Corona-Jahren tiefer ausgefallen, was sich positiv auf die Verhältniszahlen auswirkt. Insgesamt kann man sagen, dass in diesem dynamischen und herausfordernden Marktumfeld das Geschäftsjahr 2021 für das Schweizer Autogewerbe überraschend erfreulich ausfiel.

Welche Kennzahl im neuen Branchen­spiegel überrascht Sie am meisten?
Die beiden gerade genannten Werte. Dass es letztes Jahr wieder besser lief, hat sich bereits früh abgezeichnet. Erfreulich ist sicherlich das Ausmass der Steigerung. Die Lieferverzögerung und -problematik bei Neuwagen haben sich positiv auf die Nachfrage bei den Gebrauchtwagen ausgewirkt. Viele Händler haben dies erkannt und konnten von dieser höheren Nachfrage sowie den gestiegenen Preisen profitieren. Der Boom dürfte jedoch voraussichtlich wieder etwas abflachen, sobald wieder mehr Neuwagen verfügbar sind. Dennoch gewinnt das Occasionsgeschäft für Schweizer Garagisten zunehmend an Bedeutung.

Erfreulich ist, dass die Werkstattumsätze wieder gestiegen sind. Sie sind nun sogar noch besser als vor der Pandemie – und dies nicht nur bei den grösseren Betrieben, sondern auch bei kleineren und mittelgrossen. Bezüglich Werkstatt-Jahresumsatz pro Mitarbeitende ist exakt das Niveau vor Corona erreicht worden. Welche Erklärung haben Sie dafür? 
Der Umsatz pro Mitarbeiter liegt auf dem Niveau von 2019. Da die Verrechnungslöhne jedoch zugenommen haben, heisst das auch, dass die verkauften Stunden pro Mitarbeiter leicht zurückgegangen sind. Die Werkstatt profitierte zudem davon, dass durch die schwierigen Liefersituation bei den Neuwagen das Durchschnittsalter der Fahrzeugflotte gestiegen ist. Dadurch wurden im Vergleich zu früher vermehrt Reparaturarbeiten vorgenommen. Doch sobald sich die angespannte Situation im Neuwagenhandel entspannt, könnte sich das wiederum negativ auf den Aftersales-Umsatz auswirken.

Die Bruttogewinnmarge im Occasions­handel hat wieder deutlich zugenommen. Von 5,7 Prozent im Jahr 2017 auf 7,8 Prozent im Jahr 2021. Fehlt der Gewinn dafür in einem anderen Bereich?
Er kompensiert zumindest teilweise den fehlenden Gewinn im Neuwagenhandel. Aber es muss auch hier davon ausgegangen werden, dass die Bruttogewinnmargen mittelfristig wieder sinken, sobald sich die deutlich gestiegene Nachfrage nach Occasionen wieder normalisiert. Spannend wird in diesem Zusammenhang sicherlich die Entwicklung des Occasionsmarktes für Fahrzeuge mit elektrischen Antrieben sein. Bis jetzt ist die Nachfrage nach gebrauchten Elektroautos oder Plug-in-Hybriden noch relativ bescheiden. Kommen vermehrt E-Modelle auf den Occasionsmarkt, könnte dies die Bruttogewinnmargen drücken.

Das ganze Interview mit Jvan Hutter lesen Sie im AUTOINSIDE vom Mai 2022
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